Epochenüberblick
( [syr-] franz. „Überrealismus”)
"(...) in Entwicklung, politischen und künstlerischen Positionen widersprüchlich, in der Tendenz anarchistisch und betont phantastische Strömung in bildender Kunst, Literatur, Theater und Film.
Das Wort Surrealismus geht auf den Dichter und Mitstreiter der Kubisten und Futuristen Guillaume Apollinaire zurück, der 1917 sein Stück „Les Mamelles de Tirésias” als „surrealistisches Drama” bezeichnete. Die Bewegung des Surrealismus bildete sich seit 1919 aus dem Pariser Dadaismus unter jungen Literaten um die Zeitschrift Littérature; Kontakte zu Dada - Zürich (Tristan Tzara) kamen rasch hinzu, ebenso zu bildenden Künstlern (Francis Picabia, Marcel Duchamp, Man Ray, Max Ernst). Die Abgrenzung von Dada erfolgte endgültig 1922/23. Die meisten der Protagonisten, darunter die wichtigsten Theoretiker, Dichter und Propagandisten Andrè Breton, Paul Éluard, Louis Aragon, Benjamin Péret, Philippe Soupault u.a., waren voller Abscheu gegen die kapitalistische Gesellschaft aus dem 1. Weltkrieg zurückgekehrt. Ihre Revolte richtete sich nicht nur gegen die bürgerliche Literatur (1924 Manifest gegen Anatole France) und Kunst, sondern vor allem gegen das System, seine Strukturen (Familie, Schule, Kirche), seine Mythen und seine Träger, die man zunächst provozieren wollte. Der Surrealismus entstand nicht als Stil, sondern vielmehr als geistige und im Ansatz politische Haltung (antinationalistisch, antiklerikal, antiautoritär). Dies bezog sich auf alle Lebensbereiche.
Grundsätzlich forderten die Surrealisten die Aufhebung von Antinomien (Realität - Traum, Vernunft - Wahnsinn, Objektives - Subjektives, etc.) (...) Im Unterschied zum Dadaismus zielten die Surrealisten in den 1920-30 Jahren immer mehr auf Welt- und Bewusstseinsveränderung (...) ab und betonten den systematischen, experimentellen Charakter ihrer Vorhaben. (...) Nach Bretons „Manifest des Surrealismus” von 1924 ist der Surrealismus „reiner, psychischer Automatismus, durch welchen man, sei es mündlich, sei es schriftlich, sei es auf jede andere Weise, den wirklichen Ablauf des Denkens auszudrücken sucht. (...) Der Surrealismus beruht auf dem Glauben an die höhere Wirklichkeit gewisser, bisher vernachlässigter Assoziations-Formen, an die Allgewalt des Traums, an das absichtsfreie Spiel des Gedankens” (...) (aus: Lexikon der Kunst, überarb. Aufl., München 1996, Bd. 7, S. 141-144.) Wichtige bildende Künstler des Surrealismus: Salvador DalIì, Joan Mirò, Rene Magritte, Max Ernst, Yves Tanguy, Man Ray, Paul Klee, Luis Buñuel, Francis Picabia.
Wichtigste Schrift: Andrè Breton: Das Manifest des Surrealismus, 1924