Epochenüberblick
Gotik (got. Stil) bezeichnet eine "Stilstufe der mittelalterlichen Kunst in Europa. Dem Namen liegt die von den Italienern des 15. Jahrhunderts aufgebrachte Ansicht zugrunde, dass dem goldenen Zeitalter der Antike ein barbarisches Mittelalter gefolgt sei, als dessen Urheber Giorgio Vasari zum ersten Mal die Goten nennt. Der Name blieb auch nach Beseitigung dieses Geschichtsirrtums haften, und im Zeitalter des Klassizismus wurde die Bezeichnung „gotisch“ zum Inbegriff alles Geschmacklosen, Überladenen, Abstrusen in der Kunst. Erst die Romantik befreite das Wort vom Odium des Barbarischen, und um 1820 erhielt zusammen mit anderen Stilbegriffen auch der gotische Stil oder die Gotik den Inhalt und die Umrisse, wie sie im Wesentlichen noch heute gültig sind.
Die Bestimmung des Begriffs Gotik ist von der Baukunst ausgegangen, und nur auf dem Gebiet dieser mathematischsten aller Künste, deren Raum-, Konstruktions- und Einzelformen gleichsam sein Rückgrat bilden, ist er einigermaßen genau zu fassen und gegen die Baukunst des romanischen Stils einerseits, gegen die der Renaissance andererseits abzugrenzen; in der Bildnerei und Malerei ist dies nicht in gleicher Weise möglich.
Die zeitliche Dauer der Gotik ist in den einzelnen Ländern verschieden gewesen. In Frankreich beginnt sie in der Baukunst um die Mitte des 12. Jahrhunderts, um sich in allen Künsten aber erst seit Anfang des 13. Jahrhunderts voll zu entfalten. In England beginnt sie im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts, in Deutschland erst in den 30er Jahren des 13. Jahrhunderts. Ihr Ende fällt in den genannten Ländern, wozu noch Spanien kommt, in den Anfang des 16. Jahrhunderts. Eine Sonderstellung nimmt Italien ein. Hier hat sich die Gotik unter der Einwirkung Frankreichs nur in bedingtem, aber trotzdem nicht zu unterschätzendem Ausmaß durchsetzen können und wird bereits um 1420 von der Renaissance abgelöst. Die Hauptländer der Gotik sind Frankreich und Deutschland. Ihr Ursprungsland ist Frankreich. (...) Von Frankreich aus hat sich die gotische Baukunst in alle europäischen Länder verbreitet mit entsprechenden Sonderentwicklungen (Sondergotik, Backsteingotik) und in mehreren Entwicklungsstufen, die man auch Früh-, Hoch-, und Spätgotik nennt. Letztere ist, zumal in Deutschland, charakterisiert durch den Übergang von der Basilika zur Hallenkirche“ (aus: Wörterbuch der Kunst (begr. von Johannes Jahn, fortgef. von Stefanie Lieb), 13., vollst. überarb. und erg. Auflage , Stuttgart 2008, S. 319 – 322).
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