Epochenüberblick
Der Begriff Barock wird im allgemeinen auf das portugiesische Adjektiv barocco (sp. barrueco od. berrueco, frz. barroque) zurückgeführt, das eine unregelmäßige Perle bzw. einen steilen Felsen oder eine ungewöhnliche Geländeformation beschreibt. Diese Begrifflichkeit geht zurück auf Johann Joachim Winckelmann (Sendschreiben über die Gedanken von der Nachahmung der griechischen Werke, 1756; zit. nach ders., Werke, Donaueschingen 1825, Band 1, S. 104), der damit die Herleitung des Wortes „Barockgeschmack“ erklärte. Diese Erklärung bleibt allerdings umstritten. Ulrich Pfisterer nennt drei andere Alternativen der etymologischen Herleitung:
„1) Barocco benennt seit dem 13. Jahrhundert (Petrus Hispanus, Sumulae logicales, 4,17) als Fachterminus der Logik und ihrer mnemotechnischen Klassifikation den vierten Schlussmodus der zweiten syllogistischen Figur, der als besonders spitzfindig galt.
2) Seit dem 14. Jahrhundert wird im italienischen Geldwesen ein illegaler Wucherzins als barocco bzw. baroccolo oder barocchio bezeichnet.
3) In Italien kann das Wort barocco spätestens seit 1570, ein wenig später auch in Frankreich skurrile Einfälle der satirischen und burlesken Literatur charakterisieren. (...)
Widerlegt sind dagegen andere im 19. Jahrhundert erprobte Herleitungen, die die italienische Bezeichnung barocco auf parruca (>Perücke<; daher teils die Bezeichnung >Perückenstil< ). Es scheint sich jedoch ein mehr oder weniger gemeinsames Bedeutungsfeld aller dieser Herleitungsvorschläge – das Unklassische, ja teils Regelwidrige, das Gewollt-Ingeniöse bis hin zum Lächerlich-Verzerrten, das Überbordend-Vielfältige, das Sinnlich-Materiell-Prunkvolle und zugleich Täuschende – abzuzeichnen.“
„Seit dem frühen 18. Jahrhundert wird das Adjektiv >barock< vor allem in der französischen Sprache mit der Bedeutung bizarr, extravagant, gebraucht. Als Terminus ästhetischer Bewertung mit negativer Bedeutung lässt sich baroque erstmals im Mai 1734 im Mercure de France bei einer Besprechung von Jean-Philippe Rameaus Oper Hippolyte et Aricie nachweisen (C.V. Palisca, Baroque as a Music-Critical Term., in: G. Cowart (Hrsg.): French Musical Thought, 1600-1800, Ann Arbor 1989, S. 7-22). In der Kunsttheorie kommt die Bezeichnung barock wenig später mit Einsetzen der Kritik an dem heute als Rokoko bezeichneten (Dekorations-)Stil in Verwendung. (...) Im ersten, von Antoine Chrysostôme Quatremère de Quincy herausgegebenen Band der Encyclopédie méthodique – Architecture (1788) findet sich schließlich die einflussreiche (teils noch bis ins frühe 20. Jahrhundert nachwirkende), auf die Architektur bezogene Definition des Adjektivs >barock< als 'Spielart des Bizarren, dessen – wenn man so will – äußerste Verfeinerung oder – wenn man das sagen will – dessen Missbrauch es darstellt. Was die Strenge in Bezug auf den verständigen Geschmack ist, das ist der Barock in Bezug auf das Bizarre, d.h. es ist dessen Superlativ. Die Idee des Barock führt die des bis in sein Extrem getriebenen Lächerlichen mit sich. Borromini hat die größten Vorbilder solcher Bizarrerie geliefert und Guarini kann als Meister des Barock gelten.' (...) Gegen Ende des 18. Jahrhunderts hat sich diese Verwendung von Barock für widersinnig-bizarre, übertrieben-lächerliche Kunstformen allgemein durchgesetzt.“
„Heute versteht die Kunstgeschichte unter Barock einen in Italien in den letzten Jahren des 16. Jahrhunderts im Gefolge des Manierismus bzw. gegenreformatorischen Kunstbestrebungen ausgebildeten, sich schnell über ganz Europa verbreitenden Stil, der um die Mitte des 18. Jahrhunderts langsam vom Klassizismus abgelöst wird, wobei es verschiedene Ansichten gibt, ob die Spätphase des Barock (von ca. 1715/30-1750/70) teils als eigenständige Stilepoche des Rokoko oder nur als eine Nebenströmung des Dekors anzusprechen ist. Mit der Konstruktion eines Barock-Klassizismus und eines eigentlichen Barock wird zudem versucht, die beträchtlich divergierenden Stiltendenzen dieses langen Zeitraums – an deren Beginn etws so verschiedene zeitgleich tätige Künstler wie Annibale Carracci und Caravaggio (oder wie Francesco Borromini und Gian Lorenzo Bernini) stehen - doch unter einem Epochenbegriff zu vereinen.“ (S. z.B. die Differenzierungen bei Rudolf Wittkower, Art and Architecture in Italy: 1600 to 1750, Harmondsworth 1958) (aus: Ulrich Pfisterer, Barock, in: Ulrich Pfisterer (Hrs,g.), Lexikon Kunstwissenschaft. Ideen, Methoden, Begriffe, Darmstadt 2003, S. 37-42)
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