Denkraum Kunstgeschichte

 Epochenüberblick

Jugendstil

"Der Jugendstil (engl. Modern Style, franz. Art nouveau, span. Modernisme) "ist eine Stilströmung der europäischen Kunst etwa 1890 - 1910, in erster Linie auf dem Gebiet des Kunstgewerbes. Der Name Jugendstil kam kurz vor 1900 auf und steht im Zusammenhang mit der ab 1896 in München erscheinenden Zeitschrift "Jugend" und ihrer zum Teil von Otto Eckmann gelieferten künstlerisch-dekorativen Ausstattung. Der Jugendstil war eine Reaktion gegen den Historismus mit der Nachahmung historischer Stile, die das Kunstgewerbe vor ihm beherrscht hatte, insbesondere gegen das historistische Ornament. Im Jugendstil wurde die Flora und Fauna zur Grundlage ornamentalen Schaffens, daneben wurden auch abstrakte Formen mit vegetabilischem Schwung sowie geometrische Ornamente eingesetzt.

Die Merkmale der Jugendstilornamentik sind: innerhalb der zu dekorierenden Fläche wenige, groß geformte Pflanzengebilde, die sich schattenlos in der Fläche ausbreiten unter möglichst weitgehendem Verzicht auf Raumillusion und plastische Wirkung. Sie sind bewegungshaltig durch ihre zügig geschwungenen Umrisse und ihre langen dünnen Stiele, deren Bewegungsspiel in das eines abstrakten Linienornaments übergeht. Noch stärker ist die Bewegung, wenn nur abstrakte Linienornamente gegeben sind. Dieser ornamentale Wille hat auch dreidimensionale Gebilde bis zu Raumkonzepten ergriffen und entssprechend geformt.

Die Architektur des Jugendstils drückt sich weniger im Konstruktiven als vielmehr im Dekorativen und Raumgestalterischen aus (Hauptmeister u.a. Peter Behrens, Antoni Gaudí, Hector Guimard, Joseph Hofmann, Victor Horta, Charles Rennie Mackinthosh, Joseph Maria Olbrich, Henry van de Velde, Otto Wagner) Die Großplastik ist mit Ausnahmen wie George Minne nicht stark im Jugenstil ausgeprägt, in der kunstgewerblichen Kleinplastik ist er dagegen mehr zur Geltung gekommen. In der Malerei tritt der Jugendstil vor allem bei flächenhaft-dekorativer Motivik auf (Gustav Klimt). Aber auch Begründer der modernen Malerei wie Edvard Munch und Ferdinand Hodler sind tief von ihm berührt. Dem Jugendstil verwandte Erscheinungen sind besonders früh in England aufgetreten und hängen mit der Erneuerung des englischen Kunstgewerbes zusammen (William Morris). Der deutsche Jugendstil hat sich hier manche Anregungen geholt, die durch die ab 1893 erscheinende englische Kunstzeitchrift "The Studio" dargeboten wurden. Eine weitere, sehr wichtige Quelle von Anrregungen war die japanische Kunst, deren Erzeugnisse etwa ab der Mitte der 1880er Jahre verstärkt nach Europa eingeführt wurden. Ebenso sind Einflüsse von Ornamentik und Formgebung der keltischen und islamischen Kunst nachweisbar" (aus: Wörterbuch der Kunst (begr. von Johannes Jahn, fortgef. von Stefanie Lieb), 13., vollst. überarb. und erg. Auflage, Stuttgart 2008, S. 408 - 409).

Werkbeispiele:

Architektur:

Bildkünste:

Weiterführende Literatur (Auswahl):

  • Fahr-Becker, Gabriele: Jugendstil, Köln 2004
  • Hofstätter, Hans H.: Jugendstil: Grafik und Druckkunst, St. Gallen 2003
  • Sembach, Klaus-Jürgen: Jugendstil: die Utopie der Versöhnung, Hong Kong 2007